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Nichtraucherschutz im Bereich der Gastronomie in Theorie und Praxis


Ao. Univ.-Prof. DDr. Gerhard ReichmannDie AutorInnen:
Ao. Univ.-Prof. DDr. Gerhard Reichmann

lehrt am Institut für Informationswissenschaft und Wirtschaftsinformatik der Universität Graz.



Ao. Univ.-Prof. Dr. Margit Sommerguter-ReichmannAo. Univ.-Prof. Dr. Margit Sommersguter-Reichmann

lehrt am Institut für Finanzwirtschaft der Universität Graz.





KURZFASSUNG


Der Beitrag befasst sich mit den im Tabakgesetz normierten Bestimmungen zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie. Zunächst werden diese Bestimmungen im Detail erläutert, anschließend wird deren Einhaltung in der Praxis anhand einer Beobachtung von 136 stichprobenartig ausgewählten Gastronomiebetrieben untersucht. Dabei zeigt sich, dass es in mehr als 80 % der Betriebe zu Verstößen gegen das Tabakgesetz kommt. Besonders häufig wird gegen die verschiedenen Kennzeichnungspflichten verstoßen. Ergänzend werden die Ergebnisse von Befragungen von Betroffenen, also einerseits der Gäste und andererseits der Gastwirte, bezüglich dieser Schutzbestimmungen präsentiert. Diese legen offen, dass beide Seiten mit der geltenden Regelung eher unzufrieden sind. Viele Argumente würden für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie sprechen.

Die Gefährlichkeit des Rauchens steht außer Frage, und zwar nicht nur jene des Aktiv-, sondern auch die des Passivrauchens. Schätzungsweise gibt es in Österreich jährlich mehr als 1.000 Todesfälle als Folge des Passivrauchens. Obwohl von mancher Seite argumentiert wird, gesetzliche Rauchverbote seien ein massiver Eingriff in die individuelle Entscheidungsfreiheit, hat die Erfahrung gezeigt, dass eine Selbstregulierung nicht funktioniert. Nichtraucher müssen demnach durch Gesetze geschützt werden. So wurden mittlerweile auch in Österreich unterschiedliche Normen zum Schutz von Nichtrauchern erlassen. Diese finden sich einerseits im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das einen Schutz von Nichtrauchern vor Tabakrauch am Arbeitsplatz vorschreibt, und andererseits im Tabakgesetz (TabakG), das einen Nichtraucherschutz in Räumen für Unterrichts- und Fortbildungszwecke, in öffentlichen Gebäuden und in Räumen der Gastronomie vorsieht.
Zunächst werden die einschlägigen Bestimmungen des TabakG vorgestellt. In diesem Zusammenhang wird auch kurz auf die möglichen wirtschaftlichen Folgen der Vorschriften eingegangen. Schenkt man den Ausführungen zahlreicher Gastronomen in den Medien Glauben, so könnte man meinen, dass Rauchverbote notwendigerweise zu dramatischen Umsatzverlusten führen.

Den Schwerpunkt des Beitrages bilden die Ausführungen zur Umsetzung des Nichtraucherschutzes in der Gastronomie. Anhand von Beobachtungen in Gastronomiebetrieben wird überprüft, inwieweit die einzelnen Bestimmungen zum Nichtraucherschutz überhaupt eingehalten werden. Dabei wird zwischen Verstößen gegen den Nichtraucherschutz im engeren Sinn, d.h. nicht gesetzeskonforme Ausgestaltung des Lokals als Raucher-, Nichtraucherlokal mit Raucherbereichen oder reines Nichtraucherlokal, und im weiteren Sinn, d.h. Verletzung sämtlicher Kennzeichnungspflichten, unterschieden. Da Untersuchungen gezeigt haben, dass es Nichtraucherschutzbestimmungen noch immer an Akzeptanz fehlt, werden ergänzend Befragungsergebnisse von Gästen und Gastwirten zur Zufriedenheit mit den gesetzlichen Vorschriften und deren Einhaltung präsentiert.

Mit 1. Jänner 2009 sind jene Bestimmungen des TabakG in Kraft getreten. Bis dahin stand es Gastwirten frei, ihre Lokale als Raucherlokale, Nichtraucherlokale mit Raucherplätzen bzw. –bereichen oder reine Nichtraucherlokale zu führen. Es gab lediglich den Versuch, einen gewissen Nichtraucherschutz durch freiwillige Maßnahmen zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 2004 zwischen dem Gesundheitsministerium und dem Fachverband Gastronomie eine Vereinbarung abgeschlossen, nach der das Ministerium auf eine gesetzliche Regelung des Nichtraucherschutzes im Gastgewerbe verzichtet, sofern auf freiwilliger Basis „Speisebetriebe“ ab einer Fläche von 75 m² einen Nichtraucherbereich einrichten, der mindestens 40 % der Sitzplätze umfasst. Der geringe Erfolg dieses Versuches unterstrich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Bestimmungen zum Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie nur unzureichend Beachtung finden. Gäste halten sich zwar weitgehend an verordnete Rauchverbote, sind mit der geltenden Regelung sowie deren Umsetzung aber nicht wirklich zufrieden. Auf Seiten der Gastwirte stellt sich die Situation noch wesentlich schlechter dar: Sie sind mit den Bestimmungen nicht nur überwiegend unzufrieden, sondern halten sich auch in vielen Punkten nicht daran. Um die Situation aus Sicht der nichtrauchenden Gäste zu verbessern, müsste v.a. der Anteil der Nichtraucherbereiche erhöht und auch besser gekennzeichnet werden. Zudem wäre die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften strenger zu kontrollieren und im Falle von Verstößen rigoros zu sanktionieren. All diese Maßnahmen sind natürlich mit erheblichen Kosten verbunden und würden die Akzeptanz seitens der Gastwirte nochmals drastisch verringern. Um die Situation für (fast) alle Beteiligten nachhaltig zu verbessern, gäbe es eine wesentlich einfachere und kostengünstigere Lösung: Ein generelles Rauchverbot in allen Räumen der Gastronomie, das – wie die Befragung der Gastwirte gezeigt hat – von diesen sogar befürwortet würde. Die gesundheitlichen Vorteile einer solchen Regelung sind ohnedies unumstritten und bereits vielfach dokumentiert. Zudem verstößt die derzeitige Regelung des österreichischen TabakG eindeutig gegen die Vorgaben der WHO, die einen umfassenden Schutz vor Passivrauch in allen geschlossenen Räumen vorsehen und die durch ein generelles Rauchverbot optimal erfüllt würden.

Zuletzt aktualisiert am 07. März 2022