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Digitale PR in der sozialen Krankenversicherung – zwischen Fake News, Megatrends und Mikrozielgruppen


Mag. Harald Schmadlbauer (Foto:pixelkinder.com)Der Autor:

Mag. Harald Schmadlbauer, MIM
ist Leiter des Direktionsbüros und der Kommunikation in der OÖGKK.


KURZFASSUNG


Digitale PR in der sozialen Krankenversicherung: Zwischen Fake News, Megatrends und Microzielgruppen – Kurzfassung

 

Öffentlichkeitsarbeit bzw. der gleichbedeutende Begriff der Public Relations (PR) meint das Management der öffentlich geführten Kommunikation einer Kommunikation mit den relevanten internen und externen Bezugsgruppen. PR kann nach mehreren Kriterien in Teilbereiche gegliedert werden, wobei die OÖGKK sich am Modell des Corporate Communication Cluster Vienna (CCCV) orientiert, das die vier Felder Presse- und Medienarbeit, online-Kommunikation, Corporate Publishing (also im Wesentlichen die von der Organisation selbst herausgegebenen Medienprodukte vom Fachmagazin bis zum Folder) sowie das Event-Management umfasst. Die digitalen Formen der PR gewinnen – wenig überraschend – stark an Bedeutung, auch in der Sozialversicherung. Der vorliegende Artikel soll eine Übersicht über aktuelle Entwicklungen und Trends, aber auch neue Herausforderungen in diesem zunehmend bedeutsamen Feld beleuchten.

Hauptziele der PR sind die Stärkung der Beziehungen der Organisation zu den verschiedenen Bezugsgruppen, die Steigerung von Reputation, Bekanntheit und Kundenzufriedenheit oder auch die Unterstützung anderer Unternehmensziele durch begleitende Beeinflussung der öffentlichen Meinung bzw. Wahrnehmung. Die Unternehmenskommunikation ist eng an die Unternehmensstrategie (Balanced Scorecard bzw. OÖGKK-Erfolgsplan) gekoppelt und kann mit entsprechenden wissenschaftlichen Modellen des PR-Controlling inzwischen auch gut evaluiert und gesteuert werden.

Der generelle Megatrend der Digitalisierung hat selbstverständlich nicht nur in der Sozialversicherung sichtbare Veränderungen ausgelöst, sondern auch die PR maßgeblich beeinflusst. Der Beitrag beleuchtet einige wesentliche Aspekte, die speziell im Bereich der sozialen Krankenversicherung besondere Veränderungen oder Herausforderungen in der digitalen Kommunikation bzw. PR bewirkt haben.

 

Digitale PR – alles neu … oder doch nicht?

Auch wenn die digitale Transformation massive Veränderungen in der Sozialversicherung, und damit auch in der Öffentlichkeitsarbeit bewirkt: Die Grundfesten in der Kommunikationsarbeit bleiben konstant. Eine strategische Ausrichtung, eine professionelle operative Umsetzung, auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhende und messbare Ziele einschließlich Controlling behalten nicht nur ihre Bedeutung, sondern werden in einer immer unübersichtlichen Kommunikationslandschaft sogar bedeutsamer.

Natürlich lassen sich Kommunikationsziele weniger präzise definieren und messen als etwa finanzielle Ziele, dennoch gibt es aber inzwischen bestens untermauerte und erprobte Modelle, die ein Kommunikationscontrolling ermöglichen. Diese Modelle behalten auch im Zusammenhang mit digitaler PR ihre Gültigkeit, sie sind allerdings durch spezifische Kennzahlen für diese Kanäle zu ergänzen.

Wesentliche Grundlage des PR-Controllings in der OÖGKK sind das auf dem Wirkungsstufen-Modell beruhende Controlling-System des CCCV. Dieses ermöglicht für alle definierten Felder der PR mit anderen Unternehmen auf allen Wirkungsstufen vergleichbare Kennzahlen zu erheben und nicht nur Input- und Reichweitenfaktoren zu messen, sondern auch tatsächliche Ergebnisgrößen bzw. Outcomes zu erfassen. Damit sind letztlich nichts Anderes als Erfolgsfaktoren für die jeweilige Organisation gemeint, wie etwa unterstützendes Verhalten von definierten Zielgruppen, ein hohes öffentliches Ansehen und damit eine bessere Durchsetzungsfähigkeit in gesundheits- und sozialpolitischen Diskursen, die höhere Inanspruchnahme von Gesundheitsförderungsangeboten oder eine gesteigerte Gesundheitskompetenz.

Eine wesentliche Ergänzung und Vertiefung findet dieses Controlling-Modell auf der Outcome-Ebene durch die Implementierung eines Reputationsmanagements. Hohe Reputation ist für jede Organisation ein zentraler Vermögenswert. Ein guter Ruf führt 1) zu höherer Loyalität und Weiterempfehlung von Kunden und Lieferanten,
2) zu größerer Attraktivität für Eigentümer und Investoren sowie
3) zu verstärkter Anziehungskraft bei qualifizierten Arbeitskräften.

Dennoch wird die Reputation führender Organisationen regelmäßig ohne fundierte Daten und entsprechende Analysen gesteuert. Vor diesem Hintergrund wurde im Sinne von Peter Drucker („If you can’t measure it, you can’t manage it“) das Reputation-Scoring in Kooperation mit dem Corporate Communication Cluster Vienna entwickelt. Die OÖGKK war als Mitglied des CCCV an der Entwicklung dieses Modells beteiligt und setzt es in Verbindung mit dem Erfolgsplan bzw. der Unternehmens-Balanced Scorecard nachhaltig ein. Der wesentliche Vorteil des Reputationsmanagements gegenüber bisher weit verbreiteten Modellen wie dem „Image“ ist, dass sie in den jeweils als strategisch relevant erkannten Stakeholder-Gruppen standardisiert erhoben und daher auch in einem Benchmarking verwendet werden kann – sogar über Branchengrenzen hinweg. Darüber hinaus erlaubt das zugrundeliegende Kausalmodell auch gezielte Strategie- und Maßnahmenableitungen, um die Reputation zu steigern.

Auf operativer Ebene setzt die OÖGKK in der Kommunikationsarbeit auf ein integriertes Organisationsmodell, das – angelehnt an das „Newsroom“-Konzept – sowohl die Verfolgung strategischer Zielsetzungen als auch die operativen Kommunikationsagenden verknüpft, in dem sich sämtliche themen- und kanalverantwortlichen PR-Mitarbeiter regelmäßig austauschen. In diesem Team wird die gesamte unternehmensweite PR-Arbeit koordiniert, also für alle Ziel- und Stakeholder-Gruppen, sämtliche betreuten Kommunikationskanäle vom Magazin bis zum Pressestatement und sowohl die interne wie die externe Kommunikation.

 

Fake News – etwas Neues im Gesundheitssystem?

Falsche Informationen sind keine Erfindung, die mit dem Internet in die Welt kamen. Aber ihre Reichweite und Geschwindigkeit haben mit Entwicklungen – wie den sozialen Medien – erheblich zugelegt.

Vergleichsweise vertraut ist der Sozialversicherung das Problem der nicht evidenzbasierten „Gesundheitsinformationen“. Initiativen wie „Medizin-Transparent“ und die App „MedBusters“ sind Initiativen, um der Flut an Fehlinformationen in Richtung Bevölkerung bzw. Patienten entgegenzuwirken und sie so vor einer Über-, Fehl- und Unterbehandlung zu schützen. Laut einer Studie von Kerschner et. al. gaben rund 60 Prozent aller 990 untersuchten Gesundheitsartikel in österreichischen Medien zu konkreten Fragestellungen die Evidenzlage grob verzerrt wider. Weitere Initiativen bestehen im Zusammenhang mit der „Strategie Gesundheitskompetenz“ oder auch in qualitätsgesicherten eigenen Gesundheitsmedien – wie zum Beispiel dem Forum Gesundheit, das von der OÖGKK für fünf Gebietskrankenkassen gestaltet wird.

Eine zunehmende Herausforderung stellen im Netz auch bösartige und offenkundig bewusst gestreute Hoaxes, also Falschinformationen. Ein konkretes Ein drastisches Beispiel ist etwa ein Posting, in dem den österreichischen Krankenkassen unterstellt wird, bei jeder muslimischen Frau, der eine Kur bewilligt wird, automatisch auch dem Gatten einen Kuranspruch einzuräumen. Dieses Posting ist trotz größter Bemühungen nicht endgültig auszuräumen und wird von einschlägigen Organisationen und Personen immer wieder neu verbreitet – trotz eindeutiger Richtigstellungen, Hoax-Warnungen auf Mimikama und vielem mehr.

Objektive Fehlinformationen zur Sozialversicherung werden mitunter auch von Regierungsstellen verbreitet, um vielleicht so mehr öffentliche Akzeptanz für geplante gesetzliche Änderungen in diesem Bereich zu generieren. Das Themenspektrum reichte von angeblichen Limousinen-Fuhrparks über eine „Funktionärsmilliarde“ bis hin zu angeblichen Leistungsunterschieden zwischen den GKKs, etwa bei den Psychotherapie-Zuschüssen, die der Überprüfung nicht standhielten. So sah sich auch der österr. Presserat im Zusammenhang mit Aussagen zur Sozialversicherung zu der Grundsatzerklärung verpflichtet, dass auch Informationen, die offiziell verbreitet werden, sorgfältig einem Re-Check zu unterziehen sind und nur nach eingehender Recherche und Überprüfung übernommen werden sollten.

 

Micro-Zielgruppen

Ebenso neu ist die Identifizierung und Bearbeitung von „Micro-Zielguppen“ in der online-PR, die durch entsprechendes Targeting in sozialen und online-Medien möglich gemacht werden. So können etwa sehr gezielt schwangere Frauen einer ganz bestimmten Region für Kursangebote rund um die Schwangerschaft und Babygesundheit angesprochen oder auch angehende Medizin-Absolventinnen im „Magic Moment“ der Orientierungsphase über den weiteren Ausbildungs- und Berufsweg adressiert werden.

 

Social Intranet

In einigen weiteren Krankenkassen ist ein Intranet-System etabliert, das nicht nur über mitarbeiterorientierte Funktionalitäten wie jene, die zum Beispiel die Abwicklung von Zeiterfassung und Dienstreiseanträgen ermöglichen, sondern ergänzt ist um redaktionell betreute „News“-Bereiche, Collaboration-Services und ein ‚Enterprise Content Management‘ umfassen, die ein sehr professionelles Zusammenarbeiten mehrerer Personen bzw. Gruppen an gemeinsamen Dokumenten und geteilte Wissenssysteme mit hochfunktionalen Suchprogrammen sowie in weitgehend freier Selbstorganisation erlauben. Hinzu kommen explizite „social“-Funktionalitäten wie Empfehlungen und ‚Likes‘ sowie Chat. 


Zuletzt aktualisiert am 14. November 2020