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Leichte und einfache Sprache? Wir kommunizieren barrierefrei!


Mag. Alexandra BeroggioDie Autoren:

Mag. Alexandra Beroggio

ist klinische Gesundheitspsychologin und Mitarbeiterin im Bereich "Gesundheitsförderung und Prävention" sowie beim Rauchfrei Telefon (seit 2006) in der NÖ Gebietskrankenkasse.


Mag. Melanie StulikMag. Melanie Stulik


ist klinische Gesundheitspsychologin und Mitarbeiterin im Bereich "Gesundheitsförderung und Prävention" sowie beim Rauchfrei Telefon (seit 2007) in der NÖ Gebietskrankenkasse.


KURZFASSUNG


Im Alltag sollten Informationen so gestaltet sein, dass sie von möglichst vielen Personen eindeutig, klar und rasch aufgefasst werden können. Aktuell haben in Österreich ca. zwei Millionen Erwachsene Leseschwierigkeiten, quer durch alle Bevölkerungsschichten und Berufsgruppen. Vor allem für diese Personen besteht der Bedarf Sprache, besonders geschriebene Sprache, möglichst klar und einfach zu gestalten.

Der Begriff „Barrierefreiheit“ ist in der Allgemeinbevölkerung ein geläufiger Begriff. Dass Kommunikation barrierefrei laufen sollte, ist für viele Menschen jedoch neu. Das beinhaltet z.B. die akustische Verfügbarkeit von Texten für Menschen mit Sehbehinderung. Vielmehr geht es aber auch darum, Texte inhaltlich barrierefrei zu gestalten. Die Konzepte einfacher Sprache dienen zum Abbau sprachlicher Hürden. Um zu überprüfen, wie gut eine Person eine Sprache beherrscht bzw. wie gut jemand lesen kann, gibt es die Skala „Gemeinsamer Europäischer Rahmen für Sprachen“. Diese teilt das Sprach- und Lese-Verständnis in sechs Stufen und drei Bereiche ein.

Der Wunsch gesetzliche Texte möglichst klar und einfach zu formulieren besteht schon sehr lange. Schon im 18. Jahrhundert hielt Kaiserin Maria Theresia fest, dass gesetzliche Erlässe sprachlich so gestaltet sein müssen, dass sie vom einfachen Bürger verstanden werden. Im Jahr 2006 wurde die UN-Konvention über die Rechte von behinderten Personen geschaffen, die Österreich 2008 ratifiziert hat. Im Artikel 9 dieser Konvention ist der barrierefreie Zugang zu physischen Umgebungen, zu Transportmitteln, zu Kommunikation und Dienstleistungen festgehalten. Artikel 21 hält fest, dass alle für die entsprechenden Zielgruppen relevanten Informationen in barrierefrei zugänglicher Form verfügbar sein müssen.

Auf nationaler Ebene floss die UN-Konvention in das Bundes-Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz ein. § 1 beschreibt den Schutz vor Diskriminierung und das Ziel, gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen. In § 8 verpflichtet sich Österreich, die konkret geeigneten Maßnahmen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung an seinen Leistungen zu gewährleisten. Um die Konvention praktisch umsetzen zu können, wurde im Juli 2010 im Ministerrat der „Nationale Aktionsplan Behinderung 2012-2020“ beschlossen. Dieser Plan beinhaltet acht Punkte mit insgesamt 250 Maßnahmen zur Umsetzung durch die jeweiligen Bundesministerien. Ab Punkt 3 wird der Bund zu barrierefreier Kommunikation angehalten, besonders Gebietskörperschaften und Wirtschaft. Ein nationaler Monitoring-Ausschuss dient dazu, die Umsetzung dieser Forderungen voranzutreiben und zu überwachen.

Das österr. Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz besagt, dass jeder, der Waren oder Dienstleistungen öffentlich anbietet, ab 2016 barrierefrei darüber informieren muss. Die Verwendung von leichter und einfacher Sprache soll folglich sprachliche Hürden abbauen und den Zugang zu Informationen erleichtern.

Einige Aspekte der Barrierefreiheit – wie die Gestaltung öffentlich zugänglicher Räume – werden bei den einzelnen SV-Trägern schon seit längerem berücksichtigt. Hindernisse zeigen sich aber oft in der Kommunikation. Vor allem schriftliche Informationen seitens der Sozialversicherung liegen auf einem sehr hohen Sprach-Kompetenz-Niveau und schließen viele Menschen vom Informationszugang aus. Spürbar wird dies in den Service-Bereichen. Bei schriftlichen Aussendungen an Versicherte ist das Sprach-Niveau oft zu hoch angesetzt.

Barrierefreie Sprache soll jedoch nicht nur im Schriftverkehr mit Versicherten Anwendung finden, sondern auch bei sämtlichen Informations-Materialien. Informationen sollen leicht verständlich und für alle zugänglich sein. Das betrifft z.B. Formulierungen und die Wortwahl bei Texten, aber auch Gliederung, Textfluss und Länge der Sätze. Hinzu kommt, dass Layouts barrierefrei gestaltet sein müssen. Auch der Webauftritt der Sozialversicherung muss seit 1. Jänner 2016 barrierefrei gestaltet sein.

Barrierefreiheit gilt aber nicht nur für Webinhalte, sondern auch für die Dokumente, die hier zur Verfügung gestellt werden. Das betrifft z.B. Word-, PowerPoint- oder PDF-Dokumente. Diese Dokumente müssen so gestaltet und benannt werden, dass sie leicht geöffnet und gelesen werden können bzw. für den Screen Reader geeignet sind.

Gerade im Bereich der Gesundheitsförderung und -vorsorge ist es wichtig, möglichst viele Menschen zu erreichen. So kann das Ziel, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu erhöhen, nur dadurch erreicht werden, dass aktuelle und grundlegende Informationen von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Die zu vermittelnden Informationen kommen meist durch Experten aus dem jeweiligen Fachgebiet. Diese verwenden gewöhnlich deren Fachsprache mit spezifischen Fachausdrücken.

Als Initiative der österreichischen Sozialversicherungsträger, der Länder und des BMs für Gesundheit und Frauen will das Rauchfrei-Telefon möglichst viele Menschen erreichen. Die Erhaltung der Gesundheit ist ein wichtiges Thema und die Folgen des Rauchens sind v.a. in der bildungsferneren Bevölkerung nicht ausreichend bekannt oder werden verharmlost.

Aus ethischer und rechtlicher Sicht ist einleuchtend, dass möglichst alle ihre Informationen so bekommen sollen, dass sie diese auch verstehen können, insbesondere wenn dadurch ihre eigene Entscheidungsfähigkeit gestärkt und ihr Handlungsspielraum erweitert wird. In den jeweiligen Leitbildern der SV-Träger wird v.a. die Verpflichtung „kundenorientiert zu handeln, die größtmögliche Nähe zu unseren Versicherten herzustellen und den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen“ betont. Die Verwendung einer leicht verständlichen Sprache kann hierbei einen wesentlichen Beitrag leisten.


Zuletzt aktualisiert am 14. November 2020